Alle 21 Netphener Ortsteile verbindet eines: Der Wunsch, junge Leute in die
Dörfer zu holen – und dabei die Alten nicht zu vernachlässigen. Wie bleiben
die Ortsteile zukunftsfest? Am dritten Abend ist der Fall klar. Es gibt ein
Thema, das alle 21 Netphener Ortsteile verbindet: der Wunsch, junge Leute in
die Dörfer zu holen — und die Alten nicht zu verlieren. Das war in
Dreis-Tiefenbach so, in Netphen auch. Und das wird in der letzten
Auftaktrunde in Deuz nicht anders sein.

Das Bild ist immer gleich, auch hier im Alten Bahnhof: für jeden Ort eine
Pinnwand und ein Tisch, an dem über Stärken und Schwächen des Dorfs
nachgedacht wird, vor allem aber auch über Projekte, die den Ortsteil
zukunftsfest machen. Immerhin, so gibt Kirsten Steimel zu bedenken, hat die
Stadt in den letzten zehn Jahren 869 Einwohner verloren. Das sind 3,4
Prozent. „Wir werden weniger, älter, bleiben aber auch fitter.“ In manchen
Dörfern, wie in Helgersdorf, geht das schneller. Andere, wie Beienbach,
Afholderbach und — vor allem dank der Zuwanderer – Deuz, stemmen sich
dagegen.

Die Diplom-Geografin führt gemeinsam mit Stefan Grothe durch den Abend. Ihre
Büros haben den Auftrag bekommen, mit den Bürgern ein Entwicklungskonzept
für Netphen zu erarbeiten. Mit Erdnüssen, Salzstangen und Softdrinks,
Magnetpins und bunten Aufklebern, Stift und Papier. Vor allem mit jeder
Menge Kreativität. Nach gut zwei Stunden stehen die ersten Projektideen aus
den letzten neun Ortsteilen. Bürgermeister Paul Wagener ist auch hier
beeindruckt, wie ergiebig zwei Stunden gemeinsamen Beratschlagens sein
können: „Bleiben Sie dran.“

„Wir könnten junge Leute in den Ort holen.“: Annette Scholl,
Ortsbürgermeisterin Grissenbach, denkt an die Häuser, von denen sich ältere
Menschen trennen, wenn sie eine Alternative gefunden haben: in dem
umgebauten alten Haus, in dem sechs barrierefreie Wohnungen und
Gesellschaftsräume eingerichtet werden. „Wenn ich Geld hätte, würde ich das
selbst bauen.“

„An ein Wärmenetz könnten viele Familien angeschlossen werden.“: Rosel
Flender, Ortsbürgermeisterin Beienbach, setzt auf erneuerbare Energien. Und
vor allem auf gemeinschaftliches Handeln: in einer Dorfwerkstatt, in einem
Kulturforum

„Die Älteren möchten gern bleiben.“: Alexandra Wunderlich,
Ortsbürgermeisterin Salchendorf, findet, dass seniorengerechter Wohnraum
nicht nur in den Zentralorten angeboten werden darf. Ebenfalls auf dem
Wunschzettel: öffentliches WLAN, „am besten nicht nur in der Ortsmitte.“

„Die Leute ziehen nur da hin, wo sie auch Internet haben.“: Rudolf Maier,
Ortsbürgermeister Helgersdorf, findet, dass das Dorf Zuwachs braucht — und
ein paar neue Bauplätze.

„Wollt ihr euch nicht mal den Sportplatz angucken?“: Dr. Herbert Kneppe,
Ortsbürgermeister Deuz, fragt die jungen Leute am Tisch, die sich einen
Skate- und Dirt-Bike-Park wünschen. Nicht im Bühlgarten, sondern am Freibad.
„Da stören wir nicht.“

„Wir wollen das betreute Wohnen nicht so weit aus den Ortschaften
herausziehen.“: Rainer Berlet, Ortsbürgermeister Werthenbach, denkt auch an
Angebot für älter werdende Menschen, die allein leben: „Gerade wer keine
tolle Nachbarschaft hat, ist froh, sich mit Gleichgesinnten zusammentun zu
können.“

„Was unheimlich gut funktioniert, ist das Dorfparlament.“: Gerhard Schmitt,
Ortsbürgermeister Irmgarteichen, ist stolz auf die Verlässlichkeit der
Engagierten. „Wir möchten aber auch Anreize schaffen, Neubürger besser
einzubinden.“

„Das Pfarrheim soll Begegnungsstätte für alle Generationen werden.“: Rüdiger
Bradtka, Ortsbürgermeister Walpersdorf, denkt an einen Jugend- und
Seniorentreff, an einen Übungsraum für die Musikkapelle, an ein Köhlermuseum
— und vielleicht sogar den Kindergarten.

„Wir müssen gemeinsam für den Tourismus werben.“: Corie Hahn,
Ortsbürgermeisterin Nenkersdorf, setzt auf Zusammenarbeit über die
Ortsgrenze hinweg: Bei der Renovierung der Friedhofskapelle werden zum
Beispiel auch die Walpersdorfer helfen.

Das wollen die anderen

– Das Einkaufszentrum in Netphen weiterentwickeln
– 675 Jahre Frohnhausen feiern
– Die Haincher Wasserburg sanieren
– In Sohlbach einen Energielehrpfad ablegen
– Die Obernautalsperre vermarkten und auf den Zugang von Brauersdorf nach
Hohenroth bekannt machen
– In Dreis-Tiefenbach an beiden Ufern einen Siegpark und einen
Wasserspielplatz anlegen
– Einen Dorfplatz zum Ausflugsziel für Eckmannshausen machen
– In Herzhausen einen „Bürger(t)raum“ als Begegnungsort schaffen
– Zwischen Unglinghausen und Herzhausen einen Aussichtsturm bauen
– Einen Fitnesspfad am Radweg zwischen Herzhausen und Eckmannshausen
gestalten
– Den öffentlichen Nahverkehr verbessern (fast überall)

Fördermittel: Die Stadt bekommt, wenn sie ein „Integriertes Kommunales
Entwicklungskonzept (IKEK)“ vorlegt, 65 Prozent Zuschuss für Investitionen
in Freizeit, Tourismus und Dorfentwicklung. Private Eigentümer können mit 35
Prozent Zuschuss, höchstens 30 000 Euro, für Maßnahmen an denkmalwerten
Gebäuden oder Bauernhäusern bekommen.

Zeitplan: Die IKEK-Teams der Ortsteile treffen sich bis Juni zu vier Foren,
entwickeln Projekte und formulieren Leitziele, Dazu gibt es am 1. Februar
ein Forum für Jugendliche. Im Juli wird das IKEK beschlossen, im Herbst
werden dann die ersten Förderanträge gestellt.

Quelle: Netphen entwickelt mit seinen Bürgern Ideen für die Zukunft | WAZ.de
– Lesen Sie mehr auf:
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Text: Steffen Schwab

Netphen entwickelt mit seinen Bürgern Ideen für die Zukunft

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