Irmgarteichen im Krieg: Bombenangriffe aufs Johannland

Siegtal und Johannland vor 60 Jahren. Amerikanische Fliegerbomber hatten bei der Aufklärung umfangreiche
Luftaufnahmen hergestellt.
Dieses Luftbild vom „Oberen Johannland“ wurde von einem alliierten Aufklärungsflugzeug im Jahr 1944 gemacht. Die feindlichen Luftstreitkräfte lieferten den Generalstäben flächendeckend detailliertes Bildmaterial aus Deutschland.

Bei den Nachforschungen über die Kriegsjahre 1939 – 1945 im oberen Johannland konnte umfangreiches Archivmaterial zusammengetragen und gesammelt werden. So wurde Bildmaterial aus den USA angefordert und gesichtet.

Vom Archiv King Visual Technology, College Park wurden Abzüge in der Größe 14 x 14 Zoll bereitgestellt.

  • Etwa 1940 begann die Royel Air Force (RAF) mit dem Aufbau einer Luftbildaufklärungsgruppe.
  • Ab 1942 wurden dann Einheiten der United Staates Army Air Force (USAAF) in Großbritannien stationiert.
  • Wenig später, vermutlich 1943 tauchten dann die ersten Aufklärer mit gezielten Bildflügen über Südwestfalen auf. Diese wurden bis zum Kriegsende durchgeführt. Es wurde alles fotografiert: Brücken, Bahnlinien, Dörfer, Städte, Flussläufe, Wald- und Industriegebiete. Nichts entging den Kameras. Im nahen Hessen lagen die größten Sprengstoffwerke Europas. Für den Transport von Munition an die Westfront wurden auch die hiesigen Eisenbahnlinien genutzt. Die Kriegsparteien betrieben einen ungeheuren Aufwand, um an die Informationen des Gegners zu kommen. Das Flugzeug erlaubte Aufnahmen aus einer Perspektive die damals den wenigsten zugänglich war. So entstanden erstmals Luftbildaufnahmen unseres Gebietes. Heute bilden diese Kriegsbilder ein einmaliges Dokument von zeitgeschichtlich hohem Rang.

Von den Kriegsjahren berichtet ausführlich Alfons Ley aus Helgersdorf.

Ich erinnere mich noch genau: Den ersten Fliegeralarm erlebte das Siegerland schon im Jahre 1940.

  • Am Pfingstsamstag den 12. Mai gingen die Sirenen.
  • Vier Tage später dann am 16. Mai fiel die erste Fliegerbombe auf Niederschelden. Die in der Region ansässigen Firmen aus dem Bereich der Schwerindustrie waren immer öfter Ziele für die alliierten Bomber. Im Juli des gleichen Jahres schreckten ungewöhnlich laute Motorengeräusche die Einwohner Unglinghausens aus dem Schlaf. Ein offenbar von einem Geschwader getrennter englischer Flieger flog in niedriger Höhe über die Ortschaft und lud eine 50 Kilo Bombe ab.
  • Danach blieb es für lange Zeit ruhig, ehe ein englischer Kampfflieger im April 1942 mehrere Bomben über Netphen abwarf, eine davon auf dem Petersplatz. In den folgenden Monaten flogen immer häufiger alliierte Flieger, meist jedoch nur Einzelmaschinen über die heimischen Städte und Dörfer, warfen hier und da ein paar Bomben ab, ohne großen Schaden anzurichten.
  • Am 22. August 1942 warf eine englische Kampfmaschine 2 Sprengbomben im Ochsenbach in Helgersdorf ab. Sie richtete keinen großen Schaden an. Zum Schutz vor diesen Angriffen wurden überall Stollen errichtet. In allen Ortschaften wurde rund um die Uhr gearbeitet, auch Frauen und Kinder halfen mit.
    Dann wurde eine Fliegerbombe in Irmgarteichen im Stift neben dem Haus Oswald Schäfer abgeworfen, die aber keinen großen Schaden anrichtete.
  • Im Laufe des Jahres 1943 wurden die Luftangriffe zum Dauerzustand. Menschen die auf den Feldern arbeiteten wurden mit Bordwaffen der Jagdflugzeuge beschossen.
  • Am 26. Juli 1943 wurde in Hainchen ein Fallschirmspringer entdeckt. Das Flugzeug war auf der Haincher Höhe abgestürzt. Die Alliierten teilten ganz Deutschland in Planquadrate ein. Das Siegerland erhielt die Kennung : Nordpol – Richard 4.
  • Am 4. Februar 1944 warfen amerikanische Bomber, die ursprünglich nach Frankfurt unterwegs waren 120 Spreng- und zahlreiche Leuchtbomben ostwärts von Siegen ab.
    Bei heftigem Schneegestöber überflogen amerikanische Bombengeschwader das Weißtal.
    12 Sprengbomben gingen auf der Wolfskaute und im Ochsenbach in Helgersdorf nieder.
    Wie durch ein Wunder entstand in unserer Gegend nur geringer Waldschaden.
  • Doch das Jahr 1944 sollte noch seine Opfer fordern.
  • Am 22. September 1944 wurde Salchendorf durch Doppelrumpf-Maschinen angegriffen.
    5 schwere Sprengbomben richteten bei 17 Häusern mittleren Schaden an, 6 Häuser wurden leicht beschädigt. Weiterhin wurden 2 Sprengbomben in Werthenbach in der Wiese hinterm Bühl abgeworfen. Die Firma Gräbener blieb verschont, obwohl 2 Maschinen mehrmals über die Fabrik flogen.
  • Am 16. Dezember legte ein alliierter Verband Teile von Siegen in Schutt und Asche.
  • Das Jahr 1945 begann – und die Menschen sehnten sich das Ende des Krieges herbei.
  • Dies sollte aber noch etwas dauern. Am 29. März 1945 erfolgte der letzte Angriff eines alliierten Fliegers auf die Heimat.
  • Am 30.03. 1945 um 3.15 Uhr war der Einmarsch der Alliierten in Helgersdorf. Beim Einmarsch hatte es zwei Verwundete gegeben.
    Alfons Ley wurde beim nächtlichen Einmarsch der Amerikaner in Helgersdorf von einem Soldaten angeschossen. Anschließend kümmerten sich sofort Militärärzte um die Versorgung des verletzten Zivilisten. In Irmgarteichen liefen bei den Angriffen Kinder und ältere Bewohner, die zu Hause waren, in die Hauskeller.
  • In Deuz haben am 31. März schwere deutsche Tigerpanzer Stellung bezogen. Gegen 8 Uhr beginnen sie, in Richtung Haferhain (also Richtung Anzhausen) zu feuern. Das blieb nicht ohne Folgen.
    Die US–Armee feuerte nun mit Kalibern jeder Art in das Dorf zurück. Insgesamt wurden 26 Häuser durch den Beschuss beschädigt, einige brannten bis auf die Grundmauern nieder. Mit dem Monat April beginnt der einwöchige Kampf um den Ort Netphen. Die umliegenden Dörfer waren meist nach ein – zweitätigem Beschuss durch die Amerikaner eingenommen worden.
    Trotz Kriegswirren hielt Pfarrer Albert Eustrup in der Pfarrkirche in Irmgarteichen die heilige Messe, auch wenn Sonntags nur wenige zum Gotteshaus kamen.

Fotos: National – Archiv College Park ( USA )
Archiv: Heinrich Bruch

Bericht und Fotos: Heinrich Bruch

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